Eines der wichtigsten Handwerksgeräte des Journalisten ist der Papierkorb. Ein großer Teil der gedruckten Informationen, die ihn täglich erreichen, landet dort. Die meisten anderen Eindrücke werden bereits in seinem Kopf aussortiert. Manipulation durch Weglassen! Das vermutete Interesse des Lesers, Hörers oder Zuschauers, das sich letztlich in Auflage und Einschaltquote ausdrückt, bestimmt in der Regel die Auswahl.
Ignatz Bubis, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, hat nun an die Medien appelliert, bei gewissen Vorkommnissen einen anderen, übergeordneten Maßstab für die Auswahl anzulegen: Bagatellfälle von Hakenkreuzschmierereien zum Beispiel solle der Journalist verschweigen, so meint der Herr Bubis, weil Rechtsextreme nur aufgrund der großen Publizität solcher Taten auf die Idee kämen, selbst Hand an einen jüdischen Friedhof oder eine Gedenkstätte zu legen.
Bubis hat recht. Ohne die Berichte der Medien gäbe es sicher weniger Nachahmungstäter. Dies gilt aber nicht nur für Bagatelldelikte, sondern auch für Schlimmeres. Berichte über großangelegte Erpressungen oder über Brandstiftung führen immer wieder zu Folgetaten. Und verleitet es nicht immer wieder Leute zum Dealen, wenn sie hören, dass “... 200 kg reines Heroin im Werte von 1 Mio. Mark” gefunden wurde?
Deshalb aber wird kein Nachrichtenjournalist grundsätzlich auf Berichte über solche Straftaten verzichten. Sein Job ist nicht die Kriminalitätsbekämpfung und - vorbeugung, sein Job ist eine möglichst faktengetreue Vermittlung der Wirklichkeit. Dazu gehört aber auch, Schmierereien von Jugendlichen und unausgereiften Erwachsenen nicht dramatischer darzustellen, als sie wirklich sind und auf solche spektakulären Zahlen wie beim Heroin verzichten zu können. Nachrichten ja - Sensationsmache nein! Und wie soll das gehen in einer Welt, in der Nachrichten nur noch Ware sind, die mehr oder weniger Geld bringen?
*das fragt sich ... und nicht zum ersten Mal*
Richard West