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Posted by Richard West on December 23, 1998 at 20:20:15:

In Reply to: Wut! posted by biggy on December 22, 1998 at 23:25:20:

Bahn-Erpressung: Um 22 Uhr schlug die GSG 9 zu

Zugriff an der Raststätte Irschenberg

Als die Hauptbahnhöfe in Frankfurt am Main, Nürnberg und Hamburg am Dienstag abend wegen Bombendrohungen der Bahn-Erpresser geräumt wurden, war der Täter schon gefaßt. Das Ende der Bahn-Erpressung war plötzlich ganz einfach.

Als Polizisten am Dienstag abend gegen 22 Uhr mit ihrem Auto langsam über den Rastplatz Irschenberg an der Autobahn München - Salzburg rollten, klopfte ein 46jähriger Mann an ihre Scheibe und veranlaßte sie zum Anhalten. Dann riß der Mann, der Deutschland tagelang in Atem gehalten hatte, den Kofferraum auf im Glauben, er sei nur noch einen Handgriff von den erpreßten zehn Millionen Mark entfernt. Doch statt dessen klickten Handschellen; Beamte eines Mobilen Einsatzkommandos des Bundeskriminalamtes (BKA) und der Grenzschutz-Sondereinheit GSG 9, die sich im Hintergrund gehalten hatten, überwältigten den Mann, der nicht bewaffnet war.

Als die Beamten der GSG 9 zuschlugen, lief in der Raststätte Irschenberg der Betrieb weiter, als sei nichts geschehen. Es fiel kaum jemandem auf, daß am Dienstag abend auf dem Parkplatz der höchstgelegenen Rastanlage der Autobahn München - Salzburg in der Dunkelheit der Nacht Dutzende von Beamten der Bundesgrenzschutz-Sondereinheit mit schußsicheren Westen und schwer bewaffnet auf der Lauer lagen.

Nichts bekamen zunächst die Beamten der nahegelegenen Polizeibehörden mit. Nicht einmal die Einsatzzentrale der Polizeidirektion im 15 Kilometer entfernten Rosenheim wußte von der sorgfältig geplanten Aktion. Am Mittwoch morgen wurde in Chemnitz auch sein mutmaßlicher 44jähriger Komplize festgenommen; er ist der Halter des Autos, mit dem der Haupttäter, der ebenfalls in Sachsen wohnt, nach Irschenberg gefahren war.

Angeblich sind die Kriminalisten vom BKA stinksauer auf Bahnchef Johannes Ludewig, der - einen Tag vor Heiligabend unter Erfolgsdruck stehend - am Morgen in einer persönlichen Erklärung die Festnahme verkündet hatte. Den BKA-Leuten wäre es im Hinblick auf offensichtlich noch nicht gefaßte Mittäter lieber gewesen, mit der Veröffentlichung zu warten. Am Irschenberg lief jedenfalls eine von der Polizei perfekt inszenierte Aktion ab. Im Zuge der mehrfachen Kontakte, die es über all die Tage zwischen Bahn AG und Erpressern gegeben hatte, sollte es an der Raststätte womöglich zu einer letzten Absprache für die bereits vereinbarte Geldübergabe in Österreich kommen.

Bei den beiden handelt es sich nach Polizeiangaben um einen Arbeitslosen und einen Gewerbetreibenden. Die «Freunde der Eisenbahn», die von der Bahn seit dem 23. November zehn Millionen Mark gefordert und dieser Forderung mit drei Anschlägen Nachdruck verliehen hatten, sitzen nun hinter Schloß und Riegel. Dreimal hatten die Erpresser die Schrauben von Gleisen gelockert und angehoben: am 8. Dezember auf der Strecke Hannover - Berlin bei Uchtspringe in Sachsen-Anhalt, am 16. Dezember auf der Strecke Berlin - Stralsund im Bahnhof Wilmersdorf und am 18. Dezember auf der Strecke Greifswald-Anklam bei Klein Bünzow. Während in den beiden ersten Fällen die Manipulationen rechtzeitig entdeckt werden konnten und ohne größere Folgen blieben, entgleiste vor sechs Tagen bei Klein Bünzow ein mit Papierballen beladener schwedischer Güterzug. Immerhin blieb es bei Sachschäden.

Der mutmaßliche Haupttäter, der seine Beteiligung an den drei Anschlägen auf die Bahn inzwischen gestand, sorgte auch nach seiner Festnahme noch für Aufregung: Die Räumung der Bahnhöfe in Frankfurt/M., Nürnberg und Hamburg am Dienstag abend ging auf seine Drohung zurück. In den Bahnhöfen seien «Sprengfallen» angebracht, die im Falle seiner Festnahme explodieren würden, hatte er behauptet. Bei Durchsuchung der Bahnhöfe wurde aber kein Sprengstoff gefunden.


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