Augen - Blicke


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Posted by Rena on May 19, 1999 at 19:00:55:

Stell Dir vor Du wanderst durch eine lautlose Welt. Nix erschreckt Dich so schnell.
Es sei denn, der Tisch bebt, weil draußen ein vollgeladener Laster über den Beton rast.
Ein Donner die Wände beben läßt.
Die Lautsprecher im Auto den Lieblingssong des Fahrers dröhnend in die Armstütze übertragen.

Oder morgens auf dem Weg zum Job an der Haltestelle.
Bist in Gedanken mit all den zu erledigenden Aufgaben des Tages beschäftigt.
Hast die U-Bahngleise fast hinter Dir. Eine Frau zeigt auf Dich und fällt gleichzeitig in Ohnmacht.
Ruhig schaust Du Dich um. Dein Hinterkopf berührt fast die abgebremste Straßenbahn.
Das spürst Du. Jetzt bist Du wach.
Auf dem Rücken hast Du leider keine Augen. Erst als Du in der Bahn sitzt, reagiert der Körper.
Bibbert und fühlt sich an wie Götterspeise.
Aber Du sitzt, hast nun Zeit Dich zu erholen.

Der Tag beginnt.
Augen auf.
Aller Lärm bleibt außen vor.
Nicht die Hektik.
Du bist langsamer, reagierst später und lebst in totaler Stille.
Zuerst mußt Du alles sehen, danach bleibt Zeit zum Denken.
Paradox, eben darum verfällst du in Hektik.
Einholen, aufhole, mittendrin bleiben.
Das kostet Nerven, Kraft, Konzentration und Zeit.
Wer hat schon Zeit?

Du überspielst die aufgezwungene Langsamkeit.
Die Augen flitzen hin und her.
Sie nehmen die Geräusche wahr.
Die Augen erfassen durch Mimik und Gestik die Stimmungen Deines Gegenübers.
Stimmungen, sie sagen Dir viel.
Deine Antennen stehen 100% unter Strom.
Sind ständig auf Sendung und Empfang.
Dank Deiner Augen.

Die werden aber mal müde.
Abschalten, ausruhen – geht nur mit Augen zu.
Die Augen geschlossen.
Die Welt ist weg, totale Stille. Du bist völlig allein.
Der Lärm im Kopf wird größer. Die Gedanken rasen, schwer dabei abzuschalten.
Wie schön wäre jetzt sanfte Musik zu hören.
Sich davontragen zu lassen.
Vom Klang der Instrumente, vom Text eines Liedes oder dem fröhlichen Gezwitscher der Vögel.
Aber die Augen sind zu. Alles ist entrückt. Der irdische Lärm ist nicht zu sehen. Erst der Schlaf bringt Ruhe. Endlich.


Die Augen geöffnet.
Da bist Du wieder, kommst aus unendlichen Weiten zurück.
Alle Antennen werden wieder rausgefahren, alles Sinne auf Empfang gestellt.
Du siehst wie der Wind die Blätter streift. Wie die Jahreszeiten das Laub der Büsche und Bäume färben.
Satte Farben ringsum.Du siehst das Wasser plätschern, siehst den Regen prasseln.

Du willst alles sehen und Du empfindest viel.
Meist bist Du dabei glücklich.
Dank Deiner Augen.
Nur die Augen vermitteln Dir die Geräusche. Oft ein Segen – nur manchmal....
Deine Impulsivität, Deine frühere Spontanität alles wird jetzt gebremst.
Immer heißt es erst sehen.

Kannst Du Dir das vorstellen?

Wie würdest Du damit umgehen?


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