In Reply to: Leben, um zu arbeiten ... arbeiten, um zu leben posted by Richard West on October 04, 1998 at 22:38:12:
Schön, daß mein kleiner wirbelsturm wieder da ist... ;-)
Dieses thema ist eines, über daß man heiß oder aber gar nicht diskutieren kann/muß.
Ich kenne einige leute, die ohne jegliche beschäftigung total happy sind. Ich kenne viele leute, die mit ihrer arbeit "verheiratet" sind und denen es dabei am wenigstens um's geldverdienen geht - sie leben, um zu arbeiten.
Ich kenne leute, die arbeiten, um zu leben; sie sind froh, einen job zu haben, machen ihre arbeit gewissenhaft, möchten aber keine verantwortung und sind froh, wenn feierabend ist.
Die einstellung zur arbeit im allgemeinen und zum eigenen job im besonderen hängt wohl, wie so viele unserer grundsätze, in erster linie von der erziehung ab, davon, was uns vorgelebt wurde.
Arbeitslosigkeit halte ich so ziemlich für das schlimmste, was einem menschen passieren kann. Und das nicht nur, weil ihm damit die erwerbsmöglichkeit entzogen wird. Für viele menschen ist der verlust des jobs gleichbedeutend mit dem verlust des selbstwertgefühls. Das gleiche trifft auf die jugendlichen zu, die gar keinen job erst bekommen. Arbeitslosigkeit ist gleichzusetzen mit perspektivlosigkeit. Arbeitslosigkeit wirkt erschreckend zerstörerisch auf die persönlichkeit eines menschen - es gehört sehr viel energie dazu, diesem sog zu widerstehen, den ich nicht selten an menschen beobachtet habe, die ihren job verloren haben. Besonders hier im ostteil von berlin habe ich solche beispiele vor augen: zu DDR-Zeiten war man erfolgreich im job, anerkannt und geachtet - jetzt ist man sozialhilfeempfänger - ein sozialer abstieg, der nur schwer zu verkraften ist, viele ertränken ihn im alkohol.
Und angesichts dessen dürfte auch der ausgang der wahlen keineswegs verwundern: es wurde die partei gewählt, die das meiste engagement gegen die arbeitslosigkeit verspricht. Ob und wie sie das schaffen will - darauf bin ich sehr gespannt!